Seit dem Film der „Pferdeflüsterer“ mit Robert Redford in der Hauptrolle – und das ist schon über 25 Jahre her – hat es den Anschein, als wachsen die „Flüsterer“ wie Pilze in einem feuchtwarmen September auf den Weiden unseres Landes.
Mir war das immer ein wenig suspekt…wie mir auch Pferde immer ein wenig suspekt vorkamen.
Zugeben, die Eleganz und Kraft, mit der sich ein Pferd bewegen kann, beindruckt mich immer wieder neu. Gleichzeitig hatte ich stets großen Respekt vor diese Kraftbündeln – kamen sie mir doch auch immer ein wenig ungestüm und schwer zu beherrschen vor. Genährt wurde mein Eindruck wohl überwiegend von Beobachtungen, bei denen sich Reiter mehr oder weniger erfolgreich bemüht haben, ihre Pferde zu beruhigen oder ihnen ihren Willen aufzuzwingen.
Vor diesem Hintergrund konnte ich mir auch nur schwer vorstellen, worin der Mehrwert für eine Führungskraft liegen soll, sich auf ein Training mit Pferden einzulassen. Menschen sind schließlich keine Pferde…so mein Gedanke.
Als vor einigen Wochen dann eine Veranstaltungshinweis auf meinem Business Club „leaders network“ einging, der eine ganztägige Veranstaltung mit Sandra Schneider anpries -
· Pferdeflüstern für Führungskräfte - Pferde: unsere vierbeinigen Coaches
Sandra Schneider, Pferdetrainerin, VOX Serie "Die Pferdeprofis", Autorin
Sandra Schneider auf Insta
war ich entsprechend skeptisch. Irgendwie muss meine Neugierde aber meine Skepsis übertroffen haben, denn gestern habe ich daran teilgenommen.
Und ich muss euch sagen: Es war großartig!
Im Kern geht es darum, uns für die Wirkung unserer nonverbalen Kommunikation zu sensibilisieren.
Oder um es mit dem berühmten Zitat von Paul Watzlawick auszudrücken:
Man kann nicht nicht kommunizieren. Auch ohne Worte stehen wir jederzeit im Austausch mit unseren Mitmenschen - ob wir wollen oder nicht.
Und hier kommen die Pferde ins Spiel.
Sie verstehen uns nicht, sind aber hochsensibel für unsere nonverbale Kommunikation und unsere innere Verfasstheit.
Energielevel, Stimmungen und Emotionen nehmen die Tiere wahr und beeinflussen deren Verhalten.
Uns so haben wir garniert mit einigen Minuten Theorie den ganzen Tag in der Reithalle des Gutes Hahnenseifen im schönen Bergischen Land mit den Pferden geübt. Zuerst einfache Dinge.
Verschiedene Pferde an der Leine durch die Halle führen. Und so verschieden wie wir Menschen sind, sind auch die Pferde. Es gibt ruhigere, gelassene Pferde. Pferde mit hohem Energielevel und Führungsanspruch. Eitle Pferde und nervös erscheinende Pferde, die sich auch leicht erschrecken und sehr sensibel auf ihre Umgebung reagieren.
Eine Stufe anspruchsvoller wurde es, als wir die Pferde über kleine „Hindernisse“ führen sollten. Eine alte Matratze z.B., die weichen Untergrund simuliert. Eine Engstelle mit „Wassergraben“ - eine schwarze Kunststoffplane, die ungewohnte Geräusche beim drüber Laufen verursacht.
Ein langer Stab mit Rasseln löste bei dem einen oder anderen Pferd schon höchste Alarmbereitschaft aus.
Unsere Truppe war gemischt – von so gut wie keiner Erfahrung mit Pferden bis zu einer Teilnehmerin, die nahezu jede freie Minute mit Pferden verbringt.
Obwohl auch für unsere Trainerin Sandra Schneider die Pferde nicht kannte, war es beindruckend zu sehen, wie schnell alle Pferde zu hier Vertrauen gefasst haben und was sie ohne große Anstrengung mit und ohne Führungsseil in der der Hand mit den Pferden machen konnte. Oder besser gesagt, wie gut sie mit den Pferden spielerisch arbeiten konnte.
Für die letzte und gleichzeitig schwerste Übung war mir eine Stute mit Araberblut zugedacht, die ihrem Image alle Ehre machte. Sehr leicht auf den Hufen, sehr eigenwillig und hoch sensibel auf uns reagierend.
Und wir alle – so auch ich – sollten dieses Pferd gezielt durch die Halle bewegen. Aber nicht am Seil. Frei – nur mit unseren Armen – das Seil zum Schwingen in der Hand – mit unseren Körperbewegungen und unserem Geist.
Wie gerne hätte ich Meister Yodas Fähigkeiten abrufen mögen 😉.
Das Bewegen der Stute war eher nicht das Problem. Bei der angedachten Richtung wurde es schon schwieriger und es ist mir auch nur zur Hälfte gelungen. Während der anderen Hälfte hat mich das Pferd bewegt 😉.
Besonders beeindruckend war dann das Ende. Ziel war es, über die Körperhaltung und die Ausstrahlung das Pferd dazu zu bewegen, zu mir zu kommen. Ganz nah. Der Weg dahin führt, im Augenblick, in dem das Pferd auf mich konzentriert ist, über das Wegdrehen der Schultern vom Pferd. Die sensibler Stute ist dann mehrfach in ca. 6 Metern Abstand langsam um mich gekreist, ohne wirklich näher zu kommen.
Daraufhin hat Sandra mir durch die Halle (sie stand am anderen Ende) zugerufen, ich solle doch mit ausgestrecktem Arm aber abgewandt langsam auf die Stute zugehen.
Als ich knapp einen Meter vor ihr war, kam sie mir einen Schritt entgegen. Dann bin ich langsam losgegangen und sie hinter mir her. Dann neben mir. Bin ich stehengeblieben – blieb auch sie stehen. Und so gingen wir langsam zur Gruppe rüber – ganz ohne Berührung.
links: Sandra - rechts Renate - eine ihrer drei Schülerinnen
(auf dem Bild habe ich das Führungsseil bereits wieder eingehakt, da die Stute unmittelbar wieder auf die Weide geführt wurde)
Dort angekommen, habe ich sie ausführlich gelobt und gestreichelt (nicht abgeklopft – wie man es häufig sieht). Sandra ist davon überzeugt, dass Pferde das feste Klopfen mit der flachen Hand gar nicht so gerne mögen.
Ich kann euch sagen, diese Erfahrung hat mich sehr berührt und mein Bild von diesen Tieren auch sehr verändert.
Und obwohl ich mir grundsätzlich über die Bedeutung der nonverbalen Kommunikation bewusst bin, hat dieser Tag meine Bewusstsein noch einmal deutlich geschärft.
Ganz im Sinne von Stephen Coveys Habit 7 „Sharpen the Saw“!
Deshalb herzlichen Dank an Sandra Schneider – ihre drei Schülerinnen, die ihr und uns so tatkräftig zu Seite standen,
und der bezaubernden Katja Zieroth vom leaders network, die als Co-Trainerin und Moderatorin mitgewirkt und für die gute Organisation und klare Kommunikation rund um und während der Veranstaltung gesorgt hat.
Und natürlich herzlichen Dank an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die mit ihren Persönlichkeiten, Erfahrungen und ihrem Humor zu Gelingen des Tages entscheidend beigetragen haben.
Obwohl wir „nur“ mit und neben den Pferden zu Fuß unterwegs waren möchte ich mich dem geflügelten Sprichwort bedienen: „Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde.“
Vielleicht nicht für jeden und an jedem Tag – aber gerne öfter 😊
Wer mehr erfahren möchte:
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