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AutorenbildMartin Erb

Ich bin ein Frankfurter!



Die Medien und Deutschland haben die Abwahl des amtierenden Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt - Peter Feldmann - als das ersehnte Ende einer Reihe von unrühmlichen Auftritten und Einlassungen kommentiert. Was dabei aus meiner Sicht viel zu kurz kommt, ist das starke Signal der Bürger Frankfurts an die Politik, dass die Demokratie in Deutschland noch nicht vollends narkotisiert und mit den Bürgern noch zu rechnen ist.


Bei der letzte Bürgermeisterwahl 2018 haben gerade mal 30 % der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben und davon entfielen 70,8 % auf Feldmann - was 21 % der Wahlberechtigten entsprach.

Am Sonntag haben sich 41 % an der Wahl beteiligt und 95 % haben der Abwahl zugestimmt. Damit haben fast doppelt so viele Wähler für die Abwahl gestimmt, als ihn seinerzeit gewählt haben.


Viel bedeutender als die Zahlen ist jedoch der Umstand, dass sich die Frankfurter Bürger überhaupt aufgerafft haben und aktiv geworden sind. Viele Beobachter hatten im Vorfeld daran gezweifelt, dass die erforderlichen 30 % der Wahlberechtigten zur Abwahl überhaupt mobilisiert werden können.


Für mich ist dieses "Lebenszeichen" der Demokratie in Deutschland gar nicht hoch genug zu bewerten und deshalb möchte ich es in eine Reihe stellen mit der Nationalversammlung 1848 in der Frankfurter Paulskirche.




Damals war die Demokratiebewegung in Deutschland noch nicht stark genug und wurde ein Jahr später von den Monarchisten wieder "eingefangen".


Ich hoffe und wünsche mir, dass aus dieser Wahl in Frankfurt ein Momentum entsteht, mehr Bürgerbeteiligung - oder anders gesagt - mehr Bürger- / Volksentscheide in Deutschland zu etablieren. Die Parteien werden es nicht mögen - müssen sie sich dann viel mehr mit ihren Wähler auseinandersetzen und setzen sich der steten Gefahr aus, auch einmal "zurückgepfiffen" zu werden, wenn sie die Interessen ihrer Wähler aus dem Auge verlieren.


Die Schweiz ist für mich hier das Vorbild, wie Demokratie lebendig gehalten und das Interesse und die Verantwortung den Einzelnen für das Wohl der Gesellschaft des Landes gestärkt werden kann.


Ein Gegenentwurf zum heutigen Ansatz in Deutschland, bei dem die Regierenden ihr Volk mit allerlei geliehenem Geld in Narkose versetzen, um ruhig ihren Geschäften nachgehen zu können.


Oder wie es der wohl anerkanntestes Philosoph in Deutschland Peter Sloterdijk ausdrückt: "Betäubung und Ablenkung liegen nahe beieinander" und ergänzt:

“Ich habe Angst vor den Entzugserscheinungen unserer Gesellschaft”


Die 50 Minuten mit ihm und Gabor Steingart lohnen sich!



Zum Abschluss zurück zu meiner Überschrift.


Die meisten von euch kennen sicherlich das berühmte Bekenntnis von J.F. Kennedy "Ich bin ein Berliner" anlässlich seiner Rede vor dem Rathaus in Berlin Schöneberg 1963. Es war sein Bekenntnis zur Freiheit Westberlins in den Zeiten des Kalten Krieges. Angelehnt an die stolzen Bürger Roms in der Antike:

„Vor zweitausend Jahren war der stolzeste Satz ‚Ich bin ein Bürger Roms‘. Heute, in der Welt der Freiheit, ist der stolzeste Satz ‚Ich bin ein Berliner‘.“


„Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger Berlins, und deshalb bin ich als freier Mensch stolz darauf, sagen zu können ‚Ich bin ein Berliner‘!“


Und ich hoffe, die Bürger von Frankfurt sind auch ein wenig stolz auf ihr Zeichen für eine lebendige Demokratie. Obwohl ich nicht in Frankfurt lebe und nicht wählen durfte - ich bin stolz auf diese Stadt und ihre Bürger.

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