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Kohle machen in Namibia


Namibia gehört zu den weltweit größten Produzenten und Exporteuren von Holzkohle. Mit über 160-tausend Tonnen – wovon der größte Teil nach Europa verschifft wird - ist Namibia einer der wichtigsten Lieferanten dieses vielfältig verwendeten Rohstoffs.


Unabhängige Untersuchungen haben ergeben, dass die Kohle aus Namibia auch eine große Ausnahme in Sachen Nachhaltigkeit darstellt. Während in der Holz-kohle aus anderen Ländern nahezu immer auch geschützte Tropenhölzer enthalten ist, gibt es bei der Kohle aus Namibia diesbezüglich nie Beanstandungen. Auch steht die Kohle nicht in der Kritik, dass ihr wertvoller Wald zum Opfer fällt. Die Kohle aus Namibia wird aus Büschen gewonnen, die entnommen werden, um der völligen Verbuschung der Savannenlandschaften entgegenzuwirken – wichtiger Lebensraum für die Grasfresser unter den Wildtieren.


Dennoch ist es mir ein Anliegen, euch auch einmal zu zeigen, wie hart die Menschen in Namibia arbeiten, bevor bei uns die Würstchen und Steaks gegrillt werden können.


Alles beginnt mit dem Fällen der Büsche. Nur Stämme bis von 25 bis 180 mm Durchmesser dürfen dafür gefällt werden. Zum Einsatz kommen Äxte und Macheten. Auf meine Frage an den Farmer, warum keine Motorsägen zum Einsatz kommen, erhalte ich eine wenig geschönte und für mich ernüchternde Antwort: „Die Saisonarbeiter können damit einfach nicht umgehen.“ Man hat es schon ausprobiert – das Gerät ist binnen weniger Tage defekt – wenn nicht gar völlig unbrauchbar zerstört.

Für das Fällen der Büsche und das Köhlern kommen in der Regel Angolaner nach Namibia, die rund 3 Monate bleiben, um etwas für ihre Familien zu verdienen. Sie kommen und gehen. Selten kommen zur nächsten Saison die selben Arbeiter. Eine „Ausbildung“ macht deshalb in diesen Strukturen keinen Sinn.


Die Arbeiter bekommen jeweils ein Gebiet zugewiesen, aus dem sie Büsche „entnehmen“, zerkleinern, und an Sammelplätzen aufschichten. An diesen Sammelplätzen wird das Holz auf von Traktoren gezogenen Wagen verladen und zum Gelände mit den Meilern transportiert.



Das Fällen.



Das Zwischenlager.

Der Abtransport aus dem Busch.

Das Holzlager am Köhlerplatz.


Bis hierhin ist die Arbeit – bei meist sehr sommerlichen Temperaturen schweißtreibend – bei den Meilern wird sie dann aber richtig „schmutzig“.


Am Boden werden zuerst trockenes Gras und dürre Äste als „Starhilfe“ für das Anbrennen aufgeschichtet. Dann kommt das gefällte und zerkleinerte Holz darauf. Ein Stahlkasten deckt alles ab. Nach dem Entzünden beginnt der mehrere Tage andauernde Prozess der Verkohlung. Am Ende werden die Behälter mit Erde luftdicht verschlossen, so dass die Verbrennung stoppt. Es sind weitere Tage erforderlich, bis das Material wieder abgekühlt ist, um es weiter verarbeiten zu können.


Behälter in der Verkohlungsphase.

Behälter während der Abkühlung - die Luftzufuhr ist mit Erde unterbrochen.


Nun wird die Rohkohle in Säcke gefüllt, gewogen und für die Lieferung an die Sortierfabriken aufgeschichtet. Sind rund 30 - 32 Tonnen beisammen, kommt ein Sattelschlepper. Das Verladen erfolgt manuell. Besonders wichtig in dieser Phase, dass es keine Glutnester mehr gibt, die die gesamte Ladung zum Entflammen bringen können.



Das Verpacken für den Weitertransport.

Mit den Strumpfmasken schützen sich die Arbeiter gegen Staub und Rauch. Die von den Farmern zur Verfügung gestellten Schutzmasken sind bei den Arbeitern wenig beliebt.


Weiter geht es zur Sortieranlage. Vieles passiert unter freiem Himmel, was angesichts der geringen Regenmengen in Namibia aber auch kein echtes Problem darstellt. Dafür ist der Luftaustausch unter freiem Himmel besser. Jeder, der schon mal Kohle auf seinen Grill geschüttet hat weiß, was für eine staubige Angelegenheit Holzkohle ist. Jetzt müsst ihr euch das nur noch in ganz groß vorstellen!


Die angelieferte Kohle wird über ein Förderband in eine Trommel geleitet, die über unterschiedliche große Siebe die Größe der Stücke nach Verwendungszweck sortiert. Nicht nur Kohle zum Grillen wird nachgefragt. Einer der Betreiber hat sich auf Kohle für Shisha-Pfeifen spezialisiert und liefert überwiegend nach Dubai. Es gibt jedoch noch eine ganze Reihe weitere Anwendungsgebiete. Hier nur einige davon:


· Härten von Stahl

· Herstellung von Schwarzpulver

· zum "Entfuseln" von Branntwein

· zum Klären und Entfärben von Flüssigkeiten

· zum Filtrieren von Wasser

· zum Konservieren fäulnisfähiger Substanzen.

· zum Desinfizieren

· zum Reinigen von Wasserstoff, ranzigen Fetten und dumpfigem (feuchtem)

Getreide

· als Zahnpulver

· als Poliermittel für Stein, Holz und Metalle.

· zur Füllung von Aspiratoren für die Benutzung in Räumen, in denen sich

schädliche Stoffe befinden.

· zur Bearbeitung in Zigarettenfiltern

· als Farb- (E153) und Aromastoff (Räuchermittel) in der Lebensmittelindustrie

· als Zeichenkohle in der Kunst, Linden- und Weidenkohle werden zum

Zeichnen benutzt, als schwarze Farbe

· als Adsorptionsmittel bei Durchfall und Vergiftungen, bei eitrigen

Geschwüren

· In der Halbleitertechnik


Als verwöhnter Westeuropäer ist man schnell besorgt, wenn man den vielen Staub und den lachsen Umgang der Frauen (in der Fabrik arbeiten fast ausschließlich Frauen) mit der Schutzkleidung sieht. Auf der schwarzen Haut sieht man den Staub nur, wenn man näher hinschaut.





Je nach Verwendung werde die Stücke in unterschiedlichen Verpackungseinheiten abgepackt. Im Lager der Fabrik standen auch viele Paletten verkaufsfertig verpackt für eine deutsche Supermarktkette. Der Betreiber hat mich aber gebeten, davon keine Bilder zu veröffentlichen, auf denen der Firmenname zu erkennen ist. Die Auftraggeber seien besorgt, dass es schlechte Presse gibt 😉.





Aus dem feinsten Material werden die Eierkohlen gepresst. Die müssen vor dem Verpacken erst noch getrocknet werden.



Die Trocknung übernimmt die in Namibia reichlich scheinende Sonne.


Aber ich kann euch sagen, ihr wolltet dort nicht arbeiten. Gleichzeitig ist die Stimmung unter der Belegschaft erkennbar gut und fröhlich. Sie sind froh, überhaupt eine feste Arbeit und ein regelmäßiges Einkommen zu haben. Außerdem ist der Inhaber beliebt, weil fair und mitarbeiterorientiert.


Keine Selbstverständlichkeit in einem Land mit einer offiziellen Arbeitslosenquote von über 20 % - bei den jüngeren bis 25 Jahren sogar bei nahezu 40 %!

Und das sind nur die offiziellen Zahlen – die Dunkelziffer dürfte höher sein.


Zum Abschluss noch ein paar Zahlen:


Die Kohle-Arbeiter auf den Farmen werden nach erzeugter Menge bezahlt. Pro Tonne Rohkohle erhalten die Trupps knapp 1000 Namibia Dollar. Das sind umgerechnet ca. 60 Euro. Für die Zielmenge in unserem Fall (30 Tonnen) somit umgerechnet ca. 1.800 Euro.

Dafür arbeiten 5 Leute knapp 10 Wochen.


Bedeutet ein Verdienst von 144 Euro pro Monat und Arbeiter.


Der typische Jahresverdienst in Namibia eines Arbeiter beträgt rund 7.500 Euro pro Jahr netto nach Steuern - also ca. 625 Euro pro Monat! In Angola sind die Löhne noch ca. 25 % geringer. Farmarbeiter verdienen in beiden Ländern deutlich weniger – nur ca. 200 Euro pro Monat in Namibia. Allerdings werden von den Farmern in der Regel die Unterkünfte, Wasser (ein sehr wertvolles Gut in Namibia) und Brennholz gestellt. Somit werden die Basiskosten für den Lebensunterhalt von den Farmern gedeckt.


Wenn ihr also das nächste Mal die Kohle auf eurem Grill anzündet, erinnert euch daran, wie hart vielen Menschen für wenig Geld arbeiten, damit wir einem unserer liebsten Hobbies nachgehen können.




Aus 60 Euro für die Arbeiter pro Tonne werden an der Supermarktkasse schnell mal 760 Euro. Dazwischen liegen der Transport vom Köhlerplatz zur Fabrik, die Sortierung und Verpackung, der Weitertransport zum Hafen, Containerschiff, Zwischenlager in Deutschland, Distribution in die Supermarktfiliale…


Lasst es euch schmecken 😉

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