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1. Etappe: Bregenz - Basel - Verdun

Nach einer Woche Pause in meiner alten Heimat Hessen und jede Menge organisatorischer Themen (inkl. einem letzten Werkstattcheck des Alfas) ging es dann aber tatsächlich am 2. September mit dem Alfa auf die erste Etappe nach Bregenz.





Wieso Bregenz? Ich wollte doch im Elsass starten! Tja, das bleibt mein kleines Geheimnis, hatte aber einen guten Grund 😉!


Über Basel – meine Leica in Empfang genommen und einer Übernachtung in Freiburg (bei der ich durch Zufall auf ein sehr gutes Restaurant gestoßen bin und eine überaus talentierte und heute schon hervorragend arbeitende junge Georgierin getroffen bin, die einen hervorragenden Service bietet und damit den Restaurantbesuch zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht hat.


Ich kann's uneingeschränkt empfehlen! https://www.hirschen-freiburg.de/



Von Freiburg aus habe ich dann das erste ursprünglich geplante Reiseziel angesteuert: Verdun. Verdun steht für eine der größten und grausamsten Schlachten der Geschichte und ist ein Ort, der die Schrecken, Leiden und die Sinnlosigkeit von Kriegen wie kaum ein anderer Ort verkörpert.




Verdun steht auch als Synonym für eine industrialisierte Kriegsführung, die die Technik erstmals über den Menschen stellte und einer Armeeführung, der es mit «Ansage» um den Verschleiß der menschlichen Kampfkraft und den Kampfeswillen ging. Ganz ohne Soldaten ging es dann doch noch nicht – nur waren sie Kanonenfutter.


Bild: Scherl/Süddeutsche Zeitung Photo


Die eigenen Opfer waren Teil des Kalküls!


Die Sinnlosigkeit, das unglaubliche Ausmass menschlichen Leids ist mir beim Besuch der Gedenkstätte Mémorial de Verdun,


den Überresten des Forts Douaumont,



dem Ossuarie de Douaumont (Beinhaus) und den unzähligen Kriegsgräberstätten in der Region wie noch nie zuvor deutlich geworden.



Am Ende des Besuchs vom Mémorial wird jeder Besucher gefragt, ob er etwas in das Gästebuch schreiben möchte. Ich fühlte mich kurzzeitig überfordert. Dann habe ich mich entschlossen, folgenden Gedanken zu hinterlassen:




"Wenn Männer an Schreibtischen millionenfaches Leid über ihr Volk bringen können - wie es hier bedrückend eindrücklich gezeigt wird - und Verdun steht stellvertretend für all die anderen unsinnigen Kriege - ist mir die Bedeutung einer vitalen Demokratie klarer denn je geworden."


Das Team der Gedenkstätte antwortete mir mit folgender Geschichte:


Es ist noch nicht vorbei!


Erfahren Sie die Geschichte des deutschen Arztes Benno Hallauer, der 1916 als Freiwilliger zum Ärztestab im Fort de Douaumont stieß.


Seit zwei Tagen befindet sich der deutsche Arzt Benno Hallauer im Fort de Douaumont. Er hat sich gemeldet, um im Lazarett zu helfen. Tag und Nacht werden dort die vielen Verwundeten versorgt, die man in die Galerien des Forts gebracht hat. Trotz der harten Lebens- und Hygienebedingungen ist das Fort ein sicherer Hort, wie ein unsinkbares Schiff mitten im Sturm.


Am Morgen des 8. Mai 1916 alarmieren beunruhigende Rufe aus den unteren Gängen den Arzt. Dann ertönen Schüsse, als man plötzlich riesige Explosionen hört, denen mit großer Wucht eine fürchterliche Druckwelle folgt. Die gesamte Kaserne des Forts bebt! Was war geschehen?! Im Schock, aber immer noch klardenkend stürzt sich Hallauer an den Ort der Katastrophe, der unter dichtem Rauch liegt. Er sieht nichts, stolpert über Körper, bevor er erstickt durch Gase zusammenbricht. Er wird aus dem Fort gebracht, kehrt jedoch wieder zurück, entschlossen, so viele Leben wie möglich zu retten. Nachdem sich der Rauch verzogen hat, wird er sich des Ausmaßes der Katastrophe bewusst: Neben hysterisch schreienden Soldaten, die durch die Explosion irrsinnig geworden sind, sieht er viele Leichen, einzeln oder aufeinander liegend, manche zerstückelt, andere unversehrt und wie plötzlich im Tod erstarrt... Dennoch gibt es Überlebende, Benno Hallauer leistet erste Hilfe und kümmert sich um die Evakuierung der Verletzten. Er kämpft, um Hunderte von Leben zu retten...


Nach mehreren Stunden erschöpfender Arbeit schätzt Hallauer, dass die Explosion 700 bis 800 Leben gekostet hat... Seiner Meinung nach ist ein französisches Munitionslager mit Granaten, das sich in den unteren Galerien befand, explodiert. Der Ursprung dieser Detonation bleibt unsicher: ein Unfall? Eigenbeschuss zwischen deutschen Soldaten, die einen französischen Angriff vermuten?


Das Fort de Douaumont bleibt geprägt von dieser Katastrophe, aber nichts erinnert an den Einsatz des Stabsarztes Hallauer. Trotz seines Mutes, mit dem er das Leben seiner Landsleute rettete, verschwindet er 1943 in Auschwitz und wird von den Nazis ermordet, die in diesem Mann nur einen Feind des Volkes und die "Rasse" sahen, denn er war Jude...


Und doch hat er seinem Land großen Dienst erwiesen...


Mit dem letzten Satz dieses sehr persönlichen Schicksals bin ich aber nicht ganz so «glücklich». Es spiegelt auch ein wenig die Sicht der Franzosen auf die Ereignisse.


Auf bedrückende Weise knüpft diese Geschichte von Benno Hallauer an meinen Besuch in Krakau an.


Für Frankreich ist es eine Heldengeschichte.


Dazu passt auch mein erster Eindruck als ich in Verdun ankam. Es fand gerade ein kleines Volksfest zur Befreiung Verduns durch die US-Army am Ende des 2. Weltkrieges statt. Dazu hatte die lokale Reenactment - Gruppe alles aufgeboten, was sie zu bieten hatte. Inklusive Ausfahrten mit historischem Gerät.



Die wohl skurrilste Sehenswürdigkeit war ein aufwändig hergerichteter und getunter LKW. Die Tochter des Besitzers ließ in regelmäßigen Abständen den gewaltigen Motor an und "verzauberte" das beeindruckte Publikum mit dem röhrenden Auspuffgeräusch, das keinen Vergleich zu einem Panzer hätte scheuen müssen.





Aus meiner Perspektive war und ist es eine große Tragödie für beide Völker, aus der leider nichts gelernt wurde (außer militärstrategisch – wie der Verlauf des 2. Weltkriegs belegt hat).


Gerade im Angesicht des Krieges in der Ukraine stellt sich mir die Frage, wie gut sind wir eigentlich für das 21. Jahrhundert gewappnet und haben wir wirklich aus der Geschichte gelernt?


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